Freitag, 29. Juli 2011

Wieder in Belgrad (Београд)

Keine Fotos. Froh, dass ich da bin. Gestern heftiges himlatzen nördlich des Golubacer Sees. Brav esse ich meine Fischsuppe z'samm - hilft nix - um 05:00 werde ich von einem heftigen Gewitter geweckt, das zieht zwar weiter, aber der Regen bleibt. Ich warte bis ca. 11:30. Warten, dass der Regen aufhört: sinnloses Unterfangen, bei heftigem Regen fahre ich ab.

Heute erlebe ich jede erdenkliche Art von Regen: Tropfen in jeder Größe, unterschiedlich intensiv. Eine Art von Regen lerne ich heute kennen, die ich noch nie gesehen habe: ein Mittelding zwischen Niesel und Nebel in einer Intensität, die ein Weiterfahren unmöglich macht, Sicht gleich null - super Situation: an einem unbekannten Ufer in patschnasse Watte eingepackt, darauf warten, dass man vielleicht doch wieder ein bisserl was sieht. Dieser Sprüh- wird von Starkregen abgelöst: Starkregen ist super, man sieht ein paar hundert Meter weit, das reicht.

Ab ca. Smederevo wird die Strömung spürbar stärker, und viel Holz kommt mir entgegen. Die größeren Stämme werden oft von darauf stehenden Reihern und Möwen markiert, vielen Dank den hilfreichen Vögeln, der Slalomkurs, den ich fahren muss, wird durch sie vorhersehbarer und einfacher. Und es gibt noch etwas sehr, sehr gutes an diesem Tag: im Regen gibt es kaum Wind, die Donau ist, bis auf die Regentropfen, glatt, die Fahrt ist sehr ruhig.

Um 17:00 komme ich im ArkaBarka an. Hundemüde.

Donnerstag, 28. Juli 2011

Wieder in Golubac (Голубац)

Schwer ist der Abschied von Kladovo gefallen. Sogar im Hotel Đerdap wurde nachgefragt, ob ich meinen Aufenthalt nicht doch noch ein letztes mal verlängern mag (hab ich 3x getan). Mit Stevan habe ich noch eine Art Privatmuseum im Nachbarort Kladušnica besucht.


Ein begnadeter Sammler und Poet - Mihaila Vasiljevića - hat viele Dinge des täglichen Gebrauchs zusammengetragen und stellt diese in seinem Haus und im Garten aus. Er ist leider nicht anwesend, Stevan weiß aber wo der Schlüssel zum Haus ist, führt mich herum, und zeigt mir alte Haken, mit denen früher Hausen gefangen und an Land gebracht wurden - eine blutige G'schicht.


Auch die Rakija-Abteilung des Museums wird "besichtigt" - lauter verschiedene Rakijas aus der Umgebung - ein Museum für alle Sinne.


Zum Abschiedskaffee im Café Natura bekomme ich von Stevan noch eine Flasche Rakija geschenkt. Stevan mag in Zukunft auch Fisch im Natura anbieten. Ob ich da nicht 1x den Direktbus Wien - Kladovo - Wien benutzen werde, um vorzüglich zu Abend zu essen und Freunde zu treffen?

Die Donau ist ziemlich ruppig bei der Fahrt zum Kraftwerk Đerdap I, das Tor ist zwar offen, das Signallicht aber rot. Um 12:00 verhefte ich an einem serbischen Boot mit 2 netten Pärchen aus Belgrad in meinem Alter, auf Urlaub in der Gegend rund ums Eiserne Tor. Ihr Kabinenboot hat einen großen schattigen Bereich, wo ich die Wartezeit bis zur Schleusung verbringen darf. Sie warten schon eine Stunde, haben bei der Schleuse angerufen und die Auskunft erhalten, dass sie warten sollen, es sei nicht abzusehen, wann geschleust wird. Um 13:30 rufen sie nochmals an - ca. um 15:00 wird ein Schiff kommen - naja, die Warterei ist zwar recht kurzweilig, die Belgrader sprechen sehr gut Englisch, und ich darf sehr guten Trebernen kosten, aber: bis Golubac sinds noch 100km, und um 20:00 geht die Sonne unter, hier im Osten.


Ziemlich pünklich um 15:00 kommt die STEAUA DELTEI, mit der wir schleusen dürfen. Wieder in 2 Stufen rauf, es ist 17:00 als ich in eine ziemlich aufgewühlte Donau entlassen werde. Diese Gischtigkeit habe ich schon bei der Talfahrt erlebt, ausserdem mag ich die STEAUA DELTEI überholen, was sich als schwierige und nasse Angelegenheit entpuppt. Sie gibt scheinbar allen Stoff, den sie hat, wahrscheinlich sollen ihre Passagiere das Eiserne Tor noch bei Tageslicht sehen. Kein angenehmes fahren, mit 30km/h über schaumgekrönte kleine Wellen brettern. Wirklich schade, diese Gegend hätte viel Zeit verdient.

Nach dem Eisernen Tor wirds wieder entspannter, kaum Wellen, und die Wälder und Felswände an den Ufern sind wunderschön im Abendlicht. In der letzten Flussenge knapp unterhalb der Ruine Golubac wird es/mir ganz anders. Schlagartig ist ein Großteil des Lichts und alle Farben weg. Ich bewege mich wie durch einen schlecht ausgeleuchteten Schwarzweißfilm vorbei an hohen, jetzt nicht mehr freundlich aussehenden, sehr eng beinanderstehenden Felswänden. Zusätzlich bläst mir hier ein wirklich eisiger Wind entgegen, der seltsame Muster auf die fast schwarze Donau zeichnet. Sehr entrisch das ganze. Irgendwann bin ich durch, und der Golubacer Stausee breitet sich blutrot vor mir aus. Die Ruine, an der ich vorbeifahre, würde ich bei dieser Stimmung auch nicht besuchen. Ich fahre sogar ein bisserl einen Bogen, um ihr nicht zu nahe zu kommen.

Ich bekomme wieder ein Zimmer mit Blick auf den See, ein Fischsupperl noch, und kaum hab ich mich hingelegt schlaf ich schon. Meeresfeeling beim Aufwachen. Nicht nur die 7km zum anderen Ufer, auch die lautstarke Brandung (sagt man so bei einem Fluss?) lassen mich nicht glauben, dass ich auf der Donau unterwegs bin. Werma schaun, wie die 130km nach Belgrad morgen werden...


Golubac ist wie ausgewechselt - viele Menschen sind unterwegs, von verschlafen keine Spur mehr, schon beim gestrigen Fischsuppenessen ist mir diese Veränderung aufgefallen - das Lokal, in dem ich auf der Talfahrt manchmal der einzige Gast war, ist bumvoll. Eine Erklärung dafür bekomme ich am Vormitag im Café. Gleich komme ich mit 2 Menschen ins Gespräch: echte Wiener aus Währing und Simmering - ca. 80% der Bevölkerung arbeitet im Ausland, die meisten davon in Wien. Jetzt ist Heimaturlaubzeit.

Montag, 25. Juli 2011

Pакија brennen in Kladovo

Mit einem Menschen, den ich im Café Natura kennenlernen durfte verbindet mich besonders viel. Er ist Schweißer von Beruf, kommt eigentlich aus der Gegend von Novi Sad, hat in vielen Werften entlang der Donau gearbeitet, bis er hier in Kladovo seine jetzige Frau ("Er wollte mir ein Schiff bauen, und ein Sohn ist's geworden") kennengelernt hat. Er spricht ausgezeichnet Englisch und mit ihm versumpere ich ein paar mal im Natura bei sehr gutem Зајечарско-Bier und Gesprächen über Schiffe, Boote, Politik, Essen, Trinken und den ganzen Rest. Für den Sonntag Nachmittag lädt er mich in sein Haus ein, dass seine Familie erst seit ein paar Monaten bewohnt. Er wird an diesem Tag Pакија (Schnaps) brennen.


Ich lerne seine Frau und seinen aufgeweckten Sohn kennen - sehr nett, kann nicht anders sein. Das Haus ist groß, hat einen schönen Garten dahinter und liegt sehr gut in Kladovo. Er hat es im Moment noch gemietet, überlegt aber es zu kaufen, viel ist zu tun, es war ein paar Jahre unbewohnt, und auch der vorige Mieter hat sich nicht wirklich um die Substanz und den Garten gekümmert. Im Garten steht ein alter Marillenbaum, und die Freude der neuen Mieter war groß, als dieser Früchte trug. Eine dieser alten, kleinen, sehr süßen Sorten - optimal für Rakija. Er hat die Früchte verlesen, entkernt und eine Maische angesetzt, die vielversprechend duftet.


Was in Österreich ein schweres Vergehen wäre ist hier normal. Jeder, der über Früchte und die Möglichkeit zum Brennen verfügt, brennt. Legal. Die besten Schnäpse auf meiner Reise wurden immer aus unetikettierten Flaschen ausgeschenkt. Viele Serben befürchten, dass bei einem EU-Beitritt Serbiens dieses Grundrecht fallen würde. Für die meisten wäre das ein Grund eben nicht der EU beizutreten.

Die Brennanlage besteht aus einem mit Holz befeuerten Kupferkessel, über ein langes Rohr mit einer wassergefüllten Tonne verbunden, in der der Dampf in einer mehrmals gewendelten Leitung abgekühlt wird. So weit so klar. 2 Dinge kannte ich nicht: in den Kupferkessel kommt vor der Maische Wasser und Stroh, um ein Anbrennen der Maische zu verhindern. Schlau. Und der Deckel des Kupferkessels und die Schraubverbindungen des Rohres werden vor jedem Brenngang mit einem Wasser-/Mehlteig abgedichtet.


Während der 2. Teil der Maische gebrannt wird kommt ein bisserl was von der Glut in eine Blechlavoir, ein Gitter drauf und Fleisch. Mein Gastgeber bedauert kein Adidas-Fleisch (wegen der 3 Streifen) bekommen zu haben, das sei einfach unschlagbar. Mit dem Fleisch werden Okra gegrillt, und eine ziemlich große Menge Zwiebel wird klein geschnitten und kommt in einen Blechtopf mit Deckel. Fertiges Fleisch und Gemüse kommt in diesen Topf, der, sobald der Griller leer ist, auf diesen gestellt und immer wieder kräftig geschüttelt wird. Fleisch, Zwiebel, Salz, Kümmel, Okra - das Ergebnis ist unglaublich gut. Dazu gibts Uhudler, jetzt sind meine Vorräte erschöpft. Große Freude bei den Gastgebern über den Geschmack und Geruch des Uhudlers - die Dame des Hauses hat eine rumänische Großmutter, und in Rumänien dürfte der Wein aus Selbstträgersorten weit verbreitet sein.


Immer wieder wird Durchfluss und Stärke des Destilats kontrolliert, und das Feuer angepasst. Der 2. Brenndurchgang geht sich in einem Kessel aus, und ist sehr spannend, da mittlerweile heftige Blitze und Donner zu sehen/hören sind. Es regnet auch immer wieder kurz aber heftig, der blaue Kübel mit dem Endprodukt wird mit einem Regenschirm beschützt. Schon die Zwischenprodukte wurden verkostet, aber was da nach dem ganz hochprozentigen Teil mit 50% aus dem kleinen Kupferrohr kommt ist unbeschreiblich. Schmeckt wie wenn man in so eine kleine Marille beißen würde, kein bisserl scharf, erst im Magen spürt man, dass es doch Schnaps war, den man getrunken hat. Der Schnaps wird schwächer, es werden 10l werden, die Vorfreude ist riesig.


Und dann die Katastrophe: der Regen hat den Boden um die Brennanlage aufgeweicht, Sekunden (wirklich wahr!) bevor der blaue Kübel von der Anlage entfernt werden soll stürzt diese in sich zusammen und der größte Teil des Rakija versickert in der Erde! Stumm stehen wir da. Schreien? Weinen? Hysterisch lachen? Die Erde essen? Aus, vorbei! Die Anlage ist auch ein bisserl beleidigt, ca. 1/2 Liter kann aus dem Kübel geborgen werden - da verkosten wir ein bisserl was - unglaublich das alles. Niemand traut sich zu sagen, wie gut der Schnaps geworden ist.

Samstag, 23. Juli 2011

Noch immer in Kladovo (Кладово)

Das Wetter hier ist abwechslungsreicher geworden. Ausser den kurzen heftigen Gewittern habe ich auch schon einen heftigen Wolkenbruch erlebt, der eine ziemlich Abkühlung eingeleitet hat - es hat jetzt keine 30° mehr. Diese Wettereignisse und der immer wieder heftige Wind locken mich nicht auf die Donau. Beim Wind handelt es sich übrigens nicht immer um Koschowa, dieser bläst vornehmlich im Winter und immer aus Osten. Womit wir jetzt konfrontiert sind ist ein Gornjak (="von oben") - wieder vom Osten ausgelöst, wo hohe Luftströmungen auf die Berge des Eisernen Tors treffen, die Richtung ändern, beschleunigt werden und scharf "von oben" daherblasen. Wildes Mikroklima in diesem Gebiet, die Wellen die auf der hier ca. 1,5km breiten und im Schnitt 5.500 m³/sec (Wien: ca. 1.800 m³/sec) befördernden Donau entstehen, können sehr beeindruckend/-ängstigend sein.


Woher ich das alles weiß? Von Stevan Stanojlovic, einem Tourismusexperten und sehr gebildetem Mann, der mit seiner Frau das Café Natura direkt am Donauufer betreibt. Ich habe kein Wissensgebiet gefunden, in dem er nicht bewandert ist. Er erzählt mir viel über den Fischfang in dieser Gegend, vor dem Kraftwerksbau hat er hier 250kg schwere Hausen gefangen. Ein sehr angenehmer Ort, das Café, frequentiert von unterschiedlichsten Menschen, von denen ich viele kennenlernen darf, und viel über die Situation in Serbien jetzt, in den Jahren des Krieges und davor erfahre.


Das Natura war immer ein Platz für Freigeister, vor allem in den Zeiten der Regierung Slobodan Miloševićs war das Natura als "Nest" von der Staatsmacht nicht gerne gesehen. Dort kehre ich jeden Abend ein. Stevan ist mehrsprachig, stellt mich immer wieder anderen Menschen vor, die Unterhaltungen werden immer in der Sprache geführt, die alle am Tisch halbwegs verstehen. Viele angenehme Diskussionen entstehen, beeindruckend ist die Vielzahl an Meinungen. Ich bekomme einen guten Einblick in die vielen politischen Strömungen Serbiens. Gegenüber des Natura wird in einer rumänischen Werft ein großes Seeschiff gebaut.


Stevan lädt mich zu einen Ausflug per Auto zu den Resten der Trajansbrücke ein. Ein unglaubliches Bauwerk für diese Zeit (wurde zwischen 103 und 105 n.Chr. erbaut). Diese Brücke hatte eine Spannweite von ca. 1,2km und war für ein Jahrtausend die größte Brücke der Welt. Auf der rumänischen Seite steht noch ein Brückenpfeiler und auch unter dem Wasserspiegel sind noch viele Teile der Brücke erhalten.


Von diesem Platz aus ist eine Donauinsel zu sehen: Șimian. Wir fahren in eine Freizeiteinrichtung des Kraftwerks Đerdap um eine bessere Aussicht auf Șimian zu haben, viel ist trotzdem nicht zu erkennen. Hier wurden Teile der versunkenen Insel Ada Kaleh wiederaufgebaut.


Ada Kaleh ist mir zum ersten mal in einem alten Donaureiseführer der DDSG untergekommen. Es war eines der Highlights jeder Donaukreuzfahrt - ein Stück Orient, weit in den Westen gerückt. Ein beliebtes Ausflugsziel in eine andere Welt. Beim Kraftwerksbau im Eisernen Tor wurde die Insel überschwemmt, sie liegt jetzt am Grund des Stausees bei Orșova. Die Wiederaufbaupläne dürften eingeschlafen sein. Es gibt keinerlei Tourismus auf/zur Insel Șimian, weder von rumänischer (Șimian ist rumänisches Staatsgebiet, so wie Ada Kaleh es seit 1923 war) noch von serbischer Seite. Die ehemalige Bevölkerung von Ada Kaleh ist, nach der Überschwemmung, zum größten Teil in die Türkei übersiedelt.


Seit gestern findet das Etno festival statt. Viele Standeln, die lokale Köstlichkeiten wie Schnaps und Honig feilbieten. Die Limonaden in den bizarrsten Farben muss ich alle kosten. Unter Tags gehört die große Bühne vor dem gerade noch rechtzeitig fertig gewordenen Kreisverkehr incl. Springbrunnen im Stadtzentrum Volkstanz- und -musikgruppen. Sehr ansprechend, wunderschöne Trachten und fetzige Musik, die die Tänzer zeitweise wild herumwirbeln lässt. Gegen Abend wirds poppiger - nicht so meins, ich gehe auf ein paar Špricer ins Natura - ich glaub, ich werd/bin alt.

Mittwoch, 20. Juli 2011

Begegnungen

Über die Bevölkerung der durchfahrenen Länder habe ich hoffentlich schon ausreichend geschwärmt. Diese Reise wäre niemals so schön, und wahrscheinlich gar nicht möglich gewesen, wenn mir nicht immer wieder von Einheimischen weitergeholfen worden wäre.

Am Wasser trifft man auch hin und wieder jemanden, gerade am Weg von irgendwoher nach irgendwohin. Mit diesen Menschen verbindet einen sofort etwas, man hat ähnliche Probleme und Bedürfnisse und die gemeinsame Liebe zum Leben mit und auf dem Wasser. Erfahrungen werden ausgetauscht, Tipps gerne weitergegeben.

"Normalen" Touristen bin ich relativ selten begegnet. Der Badeurlaub an der Donau dürfte noch nicht zu den Topreisezielen für die Begüterten zählen. Allen Menschen, die per Bahn oder Auto unterwegs waren hatten 2 Dinge gemeinsam: sie waren unterwegs, hatten mehrere Reiseziele. Und sie waren begeistert von Serbien und den Menschen hier. Begegnet bin ich zB 3 jungen Norwegern, per Interrail unterwegs durch Südosteuropa. Weil: überall anders (an den Küsten des Mittelmeers, usw.) sind Norweger, und denen und deren Urlaubsgehabe wollten sie ausweichen. Gute Idee, und gelungen. Oder ein holländisches Paar, unterwegs per Auto gen Süden, ziemlich genau 90° zu meiner Route, und getroffen haben wir uns im "Nirgendwo": Brza Palanka, wo wir ein sehr angenehmes gemeinsames Frühstück hatten.

Auch Radfahrer, die die Donau entlang fahren sieht man immer wieder. Nicht zu vergleichen mit den durchorganisierten Massen, die sich über den österreichischen Donauradweg wälzen - wesentlich abenteuerlicher. Mit einem Schweizer und einem Engländer tratsche ich ein bisserl. Sie machen mir wieder Guster auf diese Form des Reisens - nur: die machen wirklich Meter, mit meinem: wo's schön ist bleib ich - Ansatz würde ich maximal bis Orth/Donau radeln, und das mach ich eh ab und zu.

Und dann die ganz Bewundernswerten: die Geher. Einen Franzosen treffe ich 2x. Dominique de Cubber ist zu Fuß von seinem Heimatort nach Jerusalem unterwegs, wird streckenweise von seiner Frau, anderen Familienmitgliedern und Freunden begleitet, ist schon 3 Monate unterwegs und hat noch ca. 4 Monate vor sich. Wie er durch Syrien kommen wird macht ihm schon einiges Kopfzerbrechen.

Beim Googlen finde ich zufällig den Blog von Beatrix und Florian. Sie sind mit dem Zug zur Donauquelle gefahren, und von dort bis zum Stromkilometer 0 in Sulina zu Fuß unterwegs. 2888km. Ihrem Blog entnehme ich, dass sie gerade ganz in der Nähe sind, ich maile sie an und wir vereinbaren ein Treffen, Kladovo ist ihr nächstes Etappenziel. Nach dem Treffen gibts noch ein Abendessen und einen Schlummertrunk. Die beiden sind wirklich gut drauf! Eine große Freude sie kennenlernen zu dürfen.

Dienstag, 19. Juli 2011

Wieder in Kladovo (Кладово)

und diesmal mag ich ein bisserl länger bleiben. Die Herfahrt war wieder ziemlich windig, aber bei weitem nicht so bedrohlich wie bergab. Ich bekomme ein Zimmer im Hotel Djerdap, die Rezeptionistin bedauert, dass dieses über keine Klimaanlage verfügt. Naja wird schon gehen, denk ich mir, noch gut durchgekühlt von der Herfahrt. Das Hotel ist ein repräsentativer Kasten aus den 70ern, viel Beton, dunkelbraun, orange. Sehr schön, nur: das Ding heizt sich in der Gluthitze auf, dass eine Freud ist, und gibt auch in der Nacht nix von der gespeicherten Wärme ab. Hat auch Vorteile: ich hätt sonst nix vom schönen Sonnenaufgang hinter Drobeta Turnu Severin mitbekommen, wenn ich nicht schon um 04:00 verschwitzt und munter vorm Fenster gelegen wär.


Eine vermeintliche Verbesserung des Klimas, ein kurzes Gewitter am Vormittag, macht alles noch schlimmer - zur Hitze kommt jetzt eine Luftfeuchtigkeit, dass selbst Abkühlungen in der Donau nur während das Aufenthalts im Strom erfrischend sind. Immer wieder am schönen Stadtstrand von Kladovo schwimmen, kalte Literflaschen Mineralwasser auf einen Sitz austrinken und ansonsten wenig bewegen ist angesagt, das kann ich gut.


Das Wochenende über finden mehrere Hochzeiten im Hotel statt. Riesiger Aufwand, schön anzusehen, besonders die Blasmusikkapellen habens mir angetan. Am Montag bekomme ich ein anderes Zimmer. Im 7. Stock mit großem, bis zum Boden reichenden Fenster in Richtung des Kraftwerks und der Berge des Eisernen Tors. Klimatisiert. Da bekommen's mich nicht so schnell raus.


Und am Wochenende ist das Etno Festival mit Jelena Tomašević, Crvena Jabuka, Slavica Ćukteraš und Yu Grupa. Früheste Weiterfahrt: Montag. Keine Ahnung warum ich mich in diesem Stadterl mit gerade einmal 10.000 Einwohnern so wohl fühle. Vielleicht sollte ich nach Gänserndorf ziehen, das ist ca. gleich groß.

Samstag, 16. Juli 2011

4 Tage in Brza Palanka (Брза Паланка)

In Widin sind die Ausreiseformalitäten schnell erledigt. Die Hitze, die in Richtung unerträglich geht, ist ein Traum am Wasser. Die Fahrt zurück nach Serbien ist so schön wie nur geht. Wolkenlos, windstill, Spiegeldonau.


Der Grenzaufenhalt in Prahovo dauert diesmal ein bisserl länger. Die nette Polizistin hat eine Kollegin dabei, erledigt den ganzen Papierkram kompetent und schnell, nur: ich möchte ein neues Aufenthaltsdokument, meines ist zwar noch gültig, wird aber während meines Serbienaufenthalts auslaufen, und wenn ich schon an einer Grenze bin... Dieses Dokument kann nur die Kapitania ausstellen, die Polizistin ruft für mich dort an (ist ein paar Kilometer entfernt) und erhält die Auskunft dass in 5 Minuten jemand von der Kapitania am Grenzposten auftauchen wird. Das mit den 5 Minuten sagt sie mit einem skeptischen Grinsen. Sie weiß warum.

Wir warten, rauchen, schauen den 5 streunenden Hunden zu, die im Schatten der Grenzstation liegen, die Polizistinnen seufzen von Zeit zu Zeit "Kapitania..." und schütteln die Köpfe. Nach 1 1/2 Stunden kommt ein Uniformierter, er vergleicht mein altes Dokument mit dem von ihm mitgebrachten - da fehlt was, er müsse zurück in die Kapitania und sei in 5 Minuten wieder da... "Kapitania..." Diesmal dauern die 5 Minuten nur eine 3/4 Stunde, er muss alle Formulare händisch ausfüllen, und das mehrmals, keine Durchschläge, kein Kopierer. Die Schleusung in Đerdap II geht RuckZuck - mein Freund, der technische Leiter hatte leider Dienstschluss während meiner Warterei an der Grenze, seine Kollegen schließen das Schleusentor sobald ich eingefahren und verheftet bin, und schleusen mich alleine.

Ich fahre in die Bucht von Brza Palanka, verhefte die Luzilla, und hoffe wieder auf ein Zimmer im Motel Šaran. Gleich bei der Anlegestelle grüße ich eine Gruppe von Menschen, die vor einem Wohnwagen sitzt. Einer spricht deutsch, und schon sitz ich auch auf einem Campingsessel und bekomme Šljivovica eingeschenkt. Zwei Ehepaare samt Kindern aus Niš - sehr nett, ich darf nur nach dem Versprechen zum Abendessen wiederzukommen ins Hotel schaun. Zimmer passt, umziehen und zurück auf den Campingplatz. Grandioses Essen, und das 4 Tage lang.


Begonnen wird immer mit Schnaps und Salat, gefolgt von der Hauptspeise mit Wein, Wasser und Brot. Unglaublich was da unter den einfachen Bedingungen des Campingplatzes auf den Tisch gezaubert wird. Ich kann nur ein paar Packerln Manner-Schnitten zum Nachmittagskaffee und Uhudler zu den Abendessen beitragen. Kommt gut an. Ausserdem machen wir ein paar Ausflüge mit der Luzilla in die Umgebung. Die Heimfahrt von einem ca. 10km entfernten Campingplatz des nächtens, bei sich auf der Donau spiegelndem Vollmond, ist unpackbar. Einen Tag fährt Familie Filipovic auf den Markt nach Kladovo. Zur Erinnerung: Kladovo - Brza Palanka war eine Tagesetappe für mich. Mit dem Auto sind's 20 Minuten.


Ausser essen, trinken, bootfahren noch schwimmen in der Donau, schattenliegen und lesen. Badeurlaub mit Freunden.

Dienstag, 12. Juli 2011

Aus, stop, retour!

Grad hab ich mich entschieden: Vidin wird mein niedrigster Stromkilometer bleiben. Dass sich das Delta nicht ausgehen wird weiss ich eh schon länger - jetzt hab ich hin und her überlegt, ob ich
  • noch ein Stückerl auf der bulgarischen Seite entlangfahren soll - das nächste Highlight wäre Russe, ein bisserl weit.
  • umdrehen und mir schöne Urlaubstage am Eisernen Tor machen soll.
Das Eiserne Tor ist's geworden. 

Montag, 11. Juli 2011

Ein paar Tage in Widin (Видин) und Belogradtschik (Белоградчик)

Heiß ist es hier. Sehr heiß. Am Wasser gehts, und im Park neben der Donau mit vielen Alleebäumen, da spielt sich das Leben ab. Viele Standeln, die kalte Getränke und FastFood feilbieten, angenehm im Schatten zu sitzen.


Die Luzilla liegt sicher neben dem Polizeiboot und ich habs gut im Хотел Дунав.


Städtetourismus quasi - viel herumgehen, die Burg, verschiedenste Kirchen, die leider dem Verfall preisgegebene Synagoge und das verbliebene Minarett (was besonderes, die Spitze schmückt ein Herz!) anschaun. Alles am Sonntag, da treibt sich außer mir niemand herum in der glühenden Stadt.


Heute ein Ausflug nach Belogradtschik, gar nicht so einfach den Bus zu finden, wahrscheinlich eine der heißesten Busfahrten meines Lebens, und dann noch ein ziemlicher Hadscherer - es zahlt sich aus!


Für den Aufstieg wird man mit einem Lüfterl, das da oben weht, bizarren Felsformationen und weiten Aussichten belohnt.


Wieder in Widin werde ich von netten Kanadiern, die mit ihrem Segler bergauf fahren (die treffe ich wieder, spätestens in Wien) auf ein paar Glaserln Wein eingeladen. Super Tag, morgen mag ich weiter fahren, ich geh noch Abendessen ins schwimmende Fischrestaurant. Da sitze ich und dreh mich um, um einen Blick auf die Brückenbaustelle zu machen - keine Brückenbaustelle - stattdessen Wolkentürme und Wellen - binnen Sekunden wirbelts alles durcheinand im freien Bereich des Restaurants - sehr wild, ich sag zur Kellnerin, dass ich gleich wieder da bin und laufe zur Luzilla. Sie liegt im Strom, wird herumgeworfen, hält sich aber gut - blöd ist, dass die hinteren Tanks komplett leer sind und sie deshalb vorn ein bisserl Übergewicht hat. Ich fülle die eisernen Spritreserven in einen der Tanks, verlagere noch ein bisserl was - elegant trotzt sie jetzt Wind und Wellen. Wieder zurück ins Restaurant, spät ist es jetzt schon: Soda, Weißwein, Gurken, Paradeiser, Erdäpfel mit Käs (mein bulgarisches Leibgericht derweil) - alles wieder gut, auch das Unwetter ist vorbei.

Freitag, 8. Juli 2011

Stromkilometer 790 RU Widin (Видин)

(Ein bisserl viel) Bier trinken, in der Bucht von Brza Palanka schwimmen gehen und ein Nachmittagsschlaferl im Schatten eines Baumes am Strand war die richtige Entscheidung. Am Abend noch einen Riesentopf Fischsuppe und ein paar Špricer - ich bezahl das Zimmer und nehme mir vor abzufahren, wurscht wie's weht.

Beim Frühstück fällt mir auf: irgendwas ist anders. Die Bäume stehen schief wie gestern, aber so weit ich mich auch von der Terrasse entferne: es ist kein Wind zu spüren. Die Bäume sind hier einfach immer schief, der Wind dürfte hier sehr oft, und immer aus der gleichen Richtung wehen, so etwas prägt die Flora. Skeptisch fahre ich aus der Bucht und bin baff. Spiegelglatt liegt die Donau da.


Unwirklich. Ich hab fast ein schlechtes Gewissen mit der Luzilla durch dieses Bild zu pflügen. Und so bleibt es. Den ganzen Tag. Wie wenn die Donau überhaupt nicht in der Lage dazu wäre, Wellen zu formen.


Eine Staustufe gilt es noch zu bewältigen - Đerdap II, nicht so spektakulär wie Đerdap I, man fällt nur um 8m, Platz in der Schleusenkammer gibt's aber wieder haufig: 310x34m. Wieder ein Rumänisch/Serbisches Gemeinschaftsprojekt, es gibt Schleusen auf beiden Seiten, keine wartenden Schiffe, ich probiere wieder die serbische, rechte Seite. Gleiche Zufahrt, nur diesmal tut sich nix nach Einfahrt in den geschützten Bereich neben der Kammer - wie ausgestorben liegt das riesige Bauwerk da. Eine Gruppe von Arbeitern kann ich durch lautes Rufen auf mich aufmerksam machen - sie deuten dass ich vor die Schleusenkammer fahren soll, da man mich dort besser sieht. Das mache ich, und schon kommt jemand zu mir. Er spricht ausgezeichnet Englisch und bedauert, dass er mich nicht alleine schleusen kann. Ich werde ca. 1 1/2 Stunden warten müssen, dann kommen andere Schiffe, und dann kann ich mit. Er bietet auch an, wieder in das Becken neben der Schleusenkammer zu fahren um dort zu verheften, die Wartezeit in der prallen Sonne zu verbringen sei keine gute Idee - recht hat er. Er hilft mir mein Boot anzuhängen und nimmt mich mit ins Kontrollgebäude, er ist der technische Leiter der Schleuse und ich darf in seinem Chefbüro Platz nehmen.

2 superangenehme Stunden folgen. Wir zeigen uns gegenseitig Urlaubsfotos auf seinem Computer, er erklärt mir die Spezifikationen und Besonderheiten seiner Schleuse, erzählt (von Fotos begleitet) von einer Exkursion zu einer sehr großen russischen Schleuse, wir wandern per Google Earth durch unsere Heimatstädte - ich könnte noch viel länger mit ihm beisammensitzen, so ein angenehmer Mensch. Er gibt mir seine private Handynummer - ich soll an einem Werktag zu Berg schleusen, da kann er mir wieder helfen - und bemängelt meine Schickimiki-Sonnenbrillen, der Aufenthalt unter der Sonne am Wasser sei gefährlich und schenkt mir UV-Schutzbrillen, die er und seine Arbeiter für die Arbeit im Freien verwenden. Mein modisches Klumpert wird für den Rest der Reise ganz nach unten in meine Reisetasche wandern. Per Funk bekommen wir die Meldung, dass die Schleuse jetzt vorbereitet ist, ich soll ganz vorne im Schatten verheften, es werden 3 Passagierschiffe mit mir schleusen, das dauert.


Mein neuer Freund hat bei den Passagierschiffen zu tun, schaut immer wieder auf ein Tratscherl bei mir vorbei, und übergibt mir noch ein Plastiksackerl - drinnen: eine Flasche feinster russischer Wodka - ich weiss nicht, wie ich mich auf der Rückreise revanchieren soll, irgendwas muss mir da einfallen! Neben mir kommt die TUI Melodia zu stehen - in vielen Urlaubsfotoalben von deutschen Pensionisten wird sich das Bild eines rundlichen österreichischen Zillenfahrers mit Strohhut und ursuperen UV-Schutzbrillen finden - die Beigen drängen sich an der Reling um gute Aufnahmen von Austrias Next Topmodel zu ergattern.


Und hinter mir kommt - NEIN! - die Nestroy, ein ziemlich hässliches Passagierschiff unter schweizer Flagge. Die hat heuer die große Zille, die als Radfähre nach Haslau dient, samt Bootshaus in Orth/Donau "weggeräumt", und der Kapitän hat noch dazu Fahrerflucht begangen - sehr sympathisch, und auch sehr schlau mit einem Fahrzeug, dessen Wege sekunden- und metergenau nachvollzogen werden können. Sie hält schönen Sicherheisabstand ist aber doch so nah, um mich mit volkstümlichem Humtata zu beschallen.

Ich fahre als erster aus der Schleuse, gleich kommt Prahovo, die letzte Grenzstation in Serbien, dort muss ich ausklarieren. Ich verhefte hinter einem ausrangierten Frachtschiff, ein älterer Herr hilft mir dabei. Ich klopfe an die Tür der Grenzstation, eine bezaubernde junge Polizistin öffnet und strahlt mich an. Ich strahle zurück, leider keine Kommunikation möglich, meine Serbischkenntnisse sind immer noch sehr eingeschränkt. Viel Arbeit für sie, mein Ausklarieren - unzählige Formulare sind auszufüllen, abzustempeln, abzuheften. Für mich ist diesmal nix zu tun, außer 4x zu unterschreiben. Wir verabschieden uns, der ätere Herr hilft mir beim Losmachen, ein paar Kilometer weiter wechsle ich (ein bisserl widerwillig) die serbische gegen die bulgarische Gastlandflagge. Serbien war für mich ein Lehrstück in Freundlichkeit und Gastfreundschaft. Ich hoffe dass ich viel vom Umgang miteinander dauerhaft von den Serben erlernt habe und empfehle jedem auch 1x so ein Freundlichkeitsseminar.


Die Umgebung wird wieder sehr flach. Auf beiden Seiten der Donau sind immer wieder Strandbäder, von denen auf der rumänischen Seite hört man immer eine Art volkstümlichen Techno, oder so, laut und eintönig, wer's mag... Tiere am Ufer, am Anfang der Reise noch bewundert, werden zum Standard. Sind ja auch nicht blöd, die Schafe, Pferde und Kühe, bei der Hitz würd ich auch den ganzen Tag die Füße in die Donau halten. Bulgarien und Rumänien bauen eine 2. Donaubrücke. Kurz vor Widin wird intensiv und imposant gebaut. Derzeit verbindet nur die Brücke der Freundschaft Russe mit Giurgiu. Nur eine Brücke auf 472 Kilometern bulgarischem Donauufer.


Bei der Ankunft in Widin verhefte ich am Polizeiponton. Ein Grenzer pfeift mir, und ruft mir zu, mit meinem Pass und anderen Papieren zu ihm zu kommen. Er fragt mich, ob ich lieber auf Deutsch oder Englisch sprechen mag. Sein erster Satz, nach meiner Antwort "Deutsch", ist: "Sie sind in Bulgarien, wenn sie hier bleiben wollen müssen Sie ein Buch schreiben!" Ich grinse ihn an, er gibt mir das "Buch", ein ziemlich dickes Heft, das ich ausfüllen soll. Die Dicke ergibt sich durch die unzähligen Durchschläge - nur auf der ersten Seite muss ich wieder Angaben zu meiner Person und zum Boot machen. Zum Zoll muss ich auch noch, die Zöllnerin klärt mich auf, dass ich dieses Buch bei jeder Ausreise aus Bulgarien bei einer Zollstation vorweisen und abstempeln lassen muss - schade, ja, ich bin zwar wieder in der EU, aber nicht im Schengen-Raum, die Grenze zwischen Bulgarien und Rumänien ist wirklich noch eine Grenze. Sie klärt mich auch auf, dass ich ein Jahr bleiben darf, und in diesem Jahr an jedem Polizeiponton Bulgariens verheften darf. Sie spricht ausgezeichnet Englisch und ich frage sie nach einem Tipp für ein Hotel. Gleich ums Eck sei ein gutes, dort geh ich hin, es ist das Hotel Dunav (welches sonst?) - perfekt. Noch einen gebratenen Wels und Wein und Wasser in einem schwimmenden Restaurant und ein bisserl im Park neben der Donau flanieren - ich schwebe! Als Fremdsprachennackerpatzl freut mich, dass ich wenigstens die kyrillischen Buchstaben schon halbwegs intus habe. Buchstabenaneinanderreihungen wie Солети und Шардоне ergeben plötzlich Sinn.

Donnerstag, 7. Juli 2011

Stromkilometer 884 RU Brza Palanka (Брза Паланка)

Mein Plan war, gestern in Bulgarien zu sein - naja. Früh aufgestanden, Frühstück um 06:30 mit Familie Rajčić, es gibt türkischen Kaffee, Zigaretten und Fernsehen mit Bildern von fürchterlichen Autounfällen. Ein traumhaftes Tagerl kündigt sich an, strahlender Blauhimmel, nur die Bäume wackeln ein bisserl – Koschowa? Das Benzin bunkern wird per Taxi erledigt, draußen auf der Donau merke ich, dass das ein eher ungemütlicher Tag werden könnte – viele Schaumkrönchen am Wasser, der Wind kommt von oben – gut, man hoppelt über die Wellen, bleibt aber halbwegs trocken.


Da die Donau eine Richtungsänderung macht, und der Wind vermehrt von der Seite kommt ziehe ich das Regeng'wand an. Nach der Biegung wird’s resch. Keine Schaumkrönchen mehr, sondern 1 - 1 1/2 Meter hohe Wogen, die steil und schnell hintereinander über mich hereinbrechen. Dafür ist die Luzilla nicht gebaut! Schnell füllt sie sich mit Wasser, schneller als die Bilgepumpen pumpen können, und auch der vordere Stauraum füllt sich. Da sind leichtere Dinge verstaut, die, um trocken zu bleiben, in Plastikwannen aufbewahrt sind. Diese Plastikwannen schwimmen jetzt auf und drücken den Deckel des Stauraums auf, was die Situation nicht verbessert. Schnell ans Ufer, das rumänische ist näher, ich lege dort illegal an, ich glaube, in Seenot darf man das. Das Ufer ist flach und steinig, passt, ich binde die Luzilla an einem Stein an, setze mich auf diesen und mache einen intensiven, nikotinhaltigen Durchschnaufer. Hier am Ufer ist das Wasser ruhig, ich räume alles aus.

Nachdem alles ausgeschöpft/-pumpt, trockengelegt und wieder verstaut ist, setze ich die Fahrt fort. Ich bleibe nah am Ufer und tuckere mit 10 km/h dahin – das geht. Weitere Versuche weiter draußen und schneller zu fahren gebe ich schnell auf, die Donau mag uns heute nicht. Eigentlich könnte ich die 10 km/h auch spritsparend mit meinem kleinen Hilfsmotor bewältigen – gute Idee, auf der Höhe eines Sandstrandes, an dem ich schön anlegen kann versuche ich den Motorwechsel – der kleine Motor springt nicht an! Super Notfallmotor! Während meinen Versuchen wurde ich an den Sandstrand getrieben. Was ich übersehen habe ist der Unterwasserdschungel vor dem Sandstrand. Super Situation: starker Wind, der die Luzilla, nachdem ich sie rausgetaucht habe und in Betrieb nehmen mag sehr schnell wieder ans Ufer treibt, und Wasserpflanzen, die den Motor binnen Sekunden zum Stillstand bringen. Ich brauche einige Zeit, um die Luzilla mittels Ruder soweit in den Strom zu bringen, dass sich der Motor unter Vollgas zur Mithilfe bewegen lässt – draußen im Strom befreie ich ihn bei heftigen Wellen von den ganzen Wasserpflanzen – das ist wirklich mein Tag heute.

Die Fahrt nah am Ufer wird streckenweise auch sehr ungut und gischtig – ich hab genug und fahre in die geschützte Bucht von Brza Palanka. Wurscht, und wenn es dort nix zu essen und keinen Schlafplatz gibt, weiter fahr ich heute sicher nimmer. Ich finde einen passablen Platz zum Verheften, es gibt einen Campingplatz mit Restaurant, das hat sogar ein paar Zimmer und eins für mich. Brza Palanka – das Paradies. Der kleine Motor springt auch auf Anhieb an, nachdem ich ein bisserl beim Zündkerzenschuh herumgefudelt habe.


Neben dem Restaurant baut gerade jemand ein neues Boot; schaut seltsam aus, mit seinem weit nach oben zeigenden Bug – ich weiß jetzt, warum man hier so baut.


Und da sitz ich seit gestern und weiß nicht recht, wie weiter? Einen ziemlichen Muskelkater von der gestrigen Ruderei hab ich; der Wind bläst unvermindert, der Kellner meint, das geht jetzt seit 10 Tagen so – was tun? Hier eine Arbeit suchen? Als Außenbordmotorspezialist? Wildwasserfahrten auf der Donau anbieten? Abwarten und Bier trinken? Werma schaun.

Dienstag, 5. Juli 2011

Stromkilometer 934 RU Kladovo (Кладово)

Früh aufgebrochen um mir Zeit zu lassen für diese Strecke, außerdem wartet noch die größte Schleuse der Donau auf mich.


Wetter passt, die Fahrt durchs Eiserne Tor ist eigentlich eine Fahrt durch 4 Flussengen, nur die letzte heißt Eisernes Tor, alle 4 sind sehr beeindruckend. ca. 150m schmal und die Donau ist hier bis zu 80m tief.


Dazwischen hat der Fluss mehr Platz um wieder Seen zu bilden. Beschreiben kann ich das ganz schlecht, selber fahren zahlt sich aus!


Ich fahre an meinem 1. dreistelligen Stromkilometer und König Decebal vorbei.


Ziemlich genau bei der Trajan-Tafel habe ich die Hälfte (eigentlich ein Viertel, oder noch weniger, bergauf ist's ja "weiter" als bergab) meines Weges absolviert. Ab jetzt ist das Schwarze Meer näher als die Krandaubel in Wien. Am See von Orsova spüre ich zum 1. mal den gefürchteten Wind Koschowa. Nix mehr mit gemütlich dahingleiten - ich verhefte an einem Anleger für die Großschifffahrt in Tekija und zieh mein Regeng'wand an. Schon bei der Zufahrt zur Schleuse ist's aber eh wieder vorbei mit dem Wellenspuk. Für diese Schleuse habe ich keine Telefonnummer und ich weiß auch nicht, welche Seite in Betrieb sein wird (Rumänen und Serben wechseln sich wochenweise ab). Bei der Zufahrt ist mir zumindest klar, auf welcher Seite ich zu schleusen probieren werde, ca. ein Dutzend Frachtschiffe und Schubverbände stehen auf der rechten Seite und warten. Ich fahre zu einem ukrainischen Frachter und frage, ob die serbische Schleuse in Betrieb sei, ein Besatzungsmitglied meint: prinzipiell ja, aber heute tut sich da sicher nix mehr... Ich fahre an den Frachtern vorbei und finde, neben der Schleiseneinfahrt, einen geschützten Bereich und eine Leiter, an der ich verhefte.


Ein Bediensteter der Schleuse kommt den weiten Weg zu mir, um mir mitzuteilen, dass ich hier richtig bin, das Boot nicht verlassen und warten soll. Auf meine Frage, wie lange ich ca. warten soll (eine Stunde, einen Tag?) bekomme ich die freundliche Antwort: warten, alles andere wird sich weisen. Warteplätze vor Schleusen haben alle eine Eigenschaft: sie sind der Sonne ausgesetzt und heute hat es gefühlte 40°. Das (dunkle) Regengwand ist jetzt nicht so optimal, ich zieh es schnell aus, Wasserdichtheit hat den Nachteil, dass sie auch in die andere Richtung wirkt, ich häng es verkehrt zum trocknen auf, und warte. Nach 1/2 Stunde kommt ein anderer Schleusenbediensteter, meint, dass jetzt ein Schiff in die Schleuse einfährt und dass ich warten soll. Ich sehe über der Vorhafenmauer einen riesigen bulgarischen Schubverband in die Schleuse einfahren, der in keine österreichische Schleuse passen würde, und mache mich zur Abfahrt bereit. Der Schleusenbedienstete kommt wieder und sagt, dass noch ein Schiff in die Schleuse einfährt, und dass ich... Ein Frachter der ein anderes Frachtschiff seitlich mitschleppt fährt ein, der Mitarbeiter kommt und sagt, dass jetzt noch ein Schiff... Ein weiterer Frachter fährt ein, und hinter dem darf ich jetzt auch in die Schleuse. Es geht 16m runter, alle Schiffe fahren ein Stück weiter und verheften an den gleichen Plätzen in der 2. Kammer, noch 1x 16m – fertig.


Weit fahr ich heute nimmer, Kladovo am rechten Ufer ist bald erreicht, es liegt gegenüber von Drubeta-Turnu Severin, hat einen netten Hafen und nette Einwohner, die mir auf meiner Herbergssuche behilflich sind ("Hotel nema gut!").


Schnell bin ich in ein Taxi verfrachtet und zur Familie Rajčić, einem älteren Ehepaar verbracht, die mir Kaffee kredenzen und in ihrem Wohnzimmer unterbringen. Der Hausherr zeigt mir noch ein Restaurant in der Nähe – meine Frage an den Kellner nach Fisch wird mit einem "ja schon, aber der Fisch..., naja, empfehlen würde er den nicht... aber Mixed Grill, da sind wir gut, viele Menschen kommen von weit her wegen dem Mixed Grill, der beste Mixed Grill von Serbien, den Mixed Grill, ja, den kann er empfehlen." Na gut, Mixed Grill, ein riesiger Haufen Fleisch mit Pommes, wirklich sehr gut, die gegrillten Pfefferoni sind ein Traum.

Montag, 4. Juli 2011

Stromkilometer 1041 RU Golubac (Голубац)

Ein super Bootfahrtagerl erwischt gestern. Man spürt dass die Save der größte Zubringer der Donau ist - nach Belgrad ist die Donau noch breiter und öffnet sich immer wieder zu kilometerbreiten "Seen" mit vielen Inseln im Strom. Zum 1. mal hab ich kleine Probleme mich zu orientieren, so oft teilt sich der Fluss und bietet verschiedene Weiterfahrmöglichkeiten.


Ein Traum, unter cummulusbeflocktem Blauhimmel über die spiegelglatte Donau zu gleiten. Vorbei an Smederevo (kurze Zeit Hauptstadt Serbiens) mit seiner imposanten Befestigungsanlage.


Vorbei an Ram und der Nera-Mündung. Seit Belgrad wird die Landschaft immer hügeliger. Am Horizont sind auch höhere Berge zu sehen, die Karpaten?


Ab der Nera ist das linke Flussufer rumänisches Staatsgebiet, ich darf dort nicht anlegen, bis ich aus Serbien aus- und wieder in die EU einklariert habe. Ich darf aber mein Mobiltelefon in ein ein rumänisches Netz einbuchen, wodurch es wieder benutzbar wird.


Sehr beeindruckend ist der letzte Stausee. Am südlichen Ufer ist die kleine Stadt Golubac zu sehen, ein bisserl weiter östlich die Ruine der gleichnamigen Festung, in der Mitte eine große Insel und beim südöstlichen Ausgang die erste Stromenge des eisernen Tores. Die Donau, die sich die letzten 1000 Kilometer relativ frei ausbreiten konnte muss sich ab hier auf einer Strecke von 110 Kilometer durch enge Schluchten zwängen.

Ich verhefte die Luzilla im kleinen, verkrauteten Hafen von Golubac, frage an der Tankstelle daneben, ob das OK ist und ernte freundliche Verwunderung: natürlich, für das wäre er ja da, der Hafen. Hafen, Tankstelle, Supermarkt, Cafe, Restaurant und Mietappartments (mit einem Appartement mit Balkon für mich), alles gleich beinand - super!


Golubac ist ein netter, verschlafener Ort in wunderbarer Lage am Stausee mit Blick auf die Festung. Die tägliche Fischsuppenration kommt in ausgezeichneter Qualität mit frischem, heißem Fladenbrot daher, Zander, Weißwein, Slibo, Kaffee, einschlafen zu Froschgequake.


Heut früh schaut alles ein bisserl anders aus, die Wolkendecke mit ihren dunkelgrauen Stellen hat mich wieder eingeholt. Windig ists auch, gut für die Segler am Stausee, suboptimal für mich - naja, man muss ja nicht gleich weiterfahren...