Samstag, 16. Juli 2011

4 Tage in Brza Palanka (Брза Паланка)

In Widin sind die Ausreiseformalitäten schnell erledigt. Die Hitze, die in Richtung unerträglich geht, ist ein Traum am Wasser. Die Fahrt zurück nach Serbien ist so schön wie nur geht. Wolkenlos, windstill, Spiegeldonau.


Der Grenzaufenhalt in Prahovo dauert diesmal ein bisserl länger. Die nette Polizistin hat eine Kollegin dabei, erledigt den ganzen Papierkram kompetent und schnell, nur: ich möchte ein neues Aufenthaltsdokument, meines ist zwar noch gültig, wird aber während meines Serbienaufenthalts auslaufen, und wenn ich schon an einer Grenze bin... Dieses Dokument kann nur die Kapitania ausstellen, die Polizistin ruft für mich dort an (ist ein paar Kilometer entfernt) und erhält die Auskunft dass in 5 Minuten jemand von der Kapitania am Grenzposten auftauchen wird. Das mit den 5 Minuten sagt sie mit einem skeptischen Grinsen. Sie weiß warum.

Wir warten, rauchen, schauen den 5 streunenden Hunden zu, die im Schatten der Grenzstation liegen, die Polizistinnen seufzen von Zeit zu Zeit "Kapitania..." und schütteln die Köpfe. Nach 1 1/2 Stunden kommt ein Uniformierter, er vergleicht mein altes Dokument mit dem von ihm mitgebrachten - da fehlt was, er müsse zurück in die Kapitania und sei in 5 Minuten wieder da... "Kapitania..." Diesmal dauern die 5 Minuten nur eine 3/4 Stunde, er muss alle Formulare händisch ausfüllen, und das mehrmals, keine Durchschläge, kein Kopierer. Die Schleusung in Đerdap II geht RuckZuck - mein Freund, der technische Leiter hatte leider Dienstschluss während meiner Warterei an der Grenze, seine Kollegen schließen das Schleusentor sobald ich eingefahren und verheftet bin, und schleusen mich alleine.

Ich fahre in die Bucht von Brza Palanka, verhefte die Luzilla, und hoffe wieder auf ein Zimmer im Motel Šaran. Gleich bei der Anlegestelle grüße ich eine Gruppe von Menschen, die vor einem Wohnwagen sitzt. Einer spricht deutsch, und schon sitz ich auch auf einem Campingsessel und bekomme Šljivovica eingeschenkt. Zwei Ehepaare samt Kindern aus Niš - sehr nett, ich darf nur nach dem Versprechen zum Abendessen wiederzukommen ins Hotel schaun. Zimmer passt, umziehen und zurück auf den Campingplatz. Grandioses Essen, und das 4 Tage lang.


Begonnen wird immer mit Schnaps und Salat, gefolgt von der Hauptspeise mit Wein, Wasser und Brot. Unglaublich was da unter den einfachen Bedingungen des Campingplatzes auf den Tisch gezaubert wird. Ich kann nur ein paar Packerln Manner-Schnitten zum Nachmittagskaffee und Uhudler zu den Abendessen beitragen. Kommt gut an. Ausserdem machen wir ein paar Ausflüge mit der Luzilla in die Umgebung. Die Heimfahrt von einem ca. 10km entfernten Campingplatz des nächtens, bei sich auf der Donau spiegelndem Vollmond, ist unpackbar. Einen Tag fährt Familie Filipovic auf den Markt nach Kladovo. Zur Erinnerung: Kladovo - Brza Palanka war eine Tagesetappe für mich. Mit dem Auto sind's 20 Minuten.


Ausser essen, trinken, bootfahren noch schwimmen in der Donau, schattenliegen und lesen. Badeurlaub mit Freunden.

Dienstag, 12. Juli 2011

Aus, stop, retour!

Grad hab ich mich entschieden: Vidin wird mein niedrigster Stromkilometer bleiben. Dass sich das Delta nicht ausgehen wird weiss ich eh schon länger - jetzt hab ich hin und her überlegt, ob ich
  • noch ein Stückerl auf der bulgarischen Seite entlangfahren soll - das nächste Highlight wäre Russe, ein bisserl weit.
  • umdrehen und mir schöne Urlaubstage am Eisernen Tor machen soll.
Das Eiserne Tor ist's geworden. 

Montag, 11. Juli 2011

Ein paar Tage in Widin (Видин) und Belogradtschik (Белоградчик)

Heiß ist es hier. Sehr heiß. Am Wasser gehts, und im Park neben der Donau mit vielen Alleebäumen, da spielt sich das Leben ab. Viele Standeln, die kalte Getränke und FastFood feilbieten, angenehm im Schatten zu sitzen.


Die Luzilla liegt sicher neben dem Polizeiboot und ich habs gut im Хотел Дунав.


Städtetourismus quasi - viel herumgehen, die Burg, verschiedenste Kirchen, die leider dem Verfall preisgegebene Synagoge und das verbliebene Minarett (was besonderes, die Spitze schmückt ein Herz!) anschaun. Alles am Sonntag, da treibt sich außer mir niemand herum in der glühenden Stadt.


Heute ein Ausflug nach Belogradtschik, gar nicht so einfach den Bus zu finden, wahrscheinlich eine der heißesten Busfahrten meines Lebens, und dann noch ein ziemlicher Hadscherer - es zahlt sich aus!


Für den Aufstieg wird man mit einem Lüfterl, das da oben weht, bizarren Felsformationen und weiten Aussichten belohnt.


Wieder in Widin werde ich von netten Kanadiern, die mit ihrem Segler bergauf fahren (die treffe ich wieder, spätestens in Wien) auf ein paar Glaserln Wein eingeladen. Super Tag, morgen mag ich weiter fahren, ich geh noch Abendessen ins schwimmende Fischrestaurant. Da sitze ich und dreh mich um, um einen Blick auf die Brückenbaustelle zu machen - keine Brückenbaustelle - stattdessen Wolkentürme und Wellen - binnen Sekunden wirbelts alles durcheinand im freien Bereich des Restaurants - sehr wild, ich sag zur Kellnerin, dass ich gleich wieder da bin und laufe zur Luzilla. Sie liegt im Strom, wird herumgeworfen, hält sich aber gut - blöd ist, dass die hinteren Tanks komplett leer sind und sie deshalb vorn ein bisserl Übergewicht hat. Ich fülle die eisernen Spritreserven in einen der Tanks, verlagere noch ein bisserl was - elegant trotzt sie jetzt Wind und Wellen. Wieder zurück ins Restaurant, spät ist es jetzt schon: Soda, Weißwein, Gurken, Paradeiser, Erdäpfel mit Käs (mein bulgarisches Leibgericht derweil) - alles wieder gut, auch das Unwetter ist vorbei.

Freitag, 8. Juli 2011

Stromkilometer 790 RU Widin (Видин)

(Ein bisserl viel) Bier trinken, in der Bucht von Brza Palanka schwimmen gehen und ein Nachmittagsschlaferl im Schatten eines Baumes am Strand war die richtige Entscheidung. Am Abend noch einen Riesentopf Fischsuppe und ein paar Špricer - ich bezahl das Zimmer und nehme mir vor abzufahren, wurscht wie's weht.

Beim Frühstück fällt mir auf: irgendwas ist anders. Die Bäume stehen schief wie gestern, aber so weit ich mich auch von der Terrasse entferne: es ist kein Wind zu spüren. Die Bäume sind hier einfach immer schief, der Wind dürfte hier sehr oft, und immer aus der gleichen Richtung wehen, so etwas prägt die Flora. Skeptisch fahre ich aus der Bucht und bin baff. Spiegelglatt liegt die Donau da.


Unwirklich. Ich hab fast ein schlechtes Gewissen mit der Luzilla durch dieses Bild zu pflügen. Und so bleibt es. Den ganzen Tag. Wie wenn die Donau überhaupt nicht in der Lage dazu wäre, Wellen zu formen.


Eine Staustufe gilt es noch zu bewältigen - Đerdap II, nicht so spektakulär wie Đerdap I, man fällt nur um 8m, Platz in der Schleusenkammer gibt's aber wieder haufig: 310x34m. Wieder ein Rumänisch/Serbisches Gemeinschaftsprojekt, es gibt Schleusen auf beiden Seiten, keine wartenden Schiffe, ich probiere wieder die serbische, rechte Seite. Gleiche Zufahrt, nur diesmal tut sich nix nach Einfahrt in den geschützten Bereich neben der Kammer - wie ausgestorben liegt das riesige Bauwerk da. Eine Gruppe von Arbeitern kann ich durch lautes Rufen auf mich aufmerksam machen - sie deuten dass ich vor die Schleusenkammer fahren soll, da man mich dort besser sieht. Das mache ich, und schon kommt jemand zu mir. Er spricht ausgezeichnet Englisch und bedauert, dass er mich nicht alleine schleusen kann. Ich werde ca. 1 1/2 Stunden warten müssen, dann kommen andere Schiffe, und dann kann ich mit. Er bietet auch an, wieder in das Becken neben der Schleusenkammer zu fahren um dort zu verheften, die Wartezeit in der prallen Sonne zu verbringen sei keine gute Idee - recht hat er. Er hilft mir mein Boot anzuhängen und nimmt mich mit ins Kontrollgebäude, er ist der technische Leiter der Schleuse und ich darf in seinem Chefbüro Platz nehmen.

2 superangenehme Stunden folgen. Wir zeigen uns gegenseitig Urlaubsfotos auf seinem Computer, er erklärt mir die Spezifikationen und Besonderheiten seiner Schleuse, erzählt (von Fotos begleitet) von einer Exkursion zu einer sehr großen russischen Schleuse, wir wandern per Google Earth durch unsere Heimatstädte - ich könnte noch viel länger mit ihm beisammensitzen, so ein angenehmer Mensch. Er gibt mir seine private Handynummer - ich soll an einem Werktag zu Berg schleusen, da kann er mir wieder helfen - und bemängelt meine Schickimiki-Sonnenbrillen, der Aufenthalt unter der Sonne am Wasser sei gefährlich und schenkt mir UV-Schutzbrillen, die er und seine Arbeiter für die Arbeit im Freien verwenden. Mein modisches Klumpert wird für den Rest der Reise ganz nach unten in meine Reisetasche wandern. Per Funk bekommen wir die Meldung, dass die Schleuse jetzt vorbereitet ist, ich soll ganz vorne im Schatten verheften, es werden 3 Passagierschiffe mit mir schleusen, das dauert.


Mein neuer Freund hat bei den Passagierschiffen zu tun, schaut immer wieder auf ein Tratscherl bei mir vorbei, und übergibt mir noch ein Plastiksackerl - drinnen: eine Flasche feinster russischer Wodka - ich weiss nicht, wie ich mich auf der Rückreise revanchieren soll, irgendwas muss mir da einfallen! Neben mir kommt die TUI Melodia zu stehen - in vielen Urlaubsfotoalben von deutschen Pensionisten wird sich das Bild eines rundlichen österreichischen Zillenfahrers mit Strohhut und ursuperen UV-Schutzbrillen finden - die Beigen drängen sich an der Reling um gute Aufnahmen von Austrias Next Topmodel zu ergattern.


Und hinter mir kommt - NEIN! - die Nestroy, ein ziemlich hässliches Passagierschiff unter schweizer Flagge. Die hat heuer die große Zille, die als Radfähre nach Haslau dient, samt Bootshaus in Orth/Donau "weggeräumt", und der Kapitän hat noch dazu Fahrerflucht begangen - sehr sympathisch, und auch sehr schlau mit einem Fahrzeug, dessen Wege sekunden- und metergenau nachvollzogen werden können. Sie hält schönen Sicherheisabstand ist aber doch so nah, um mich mit volkstümlichem Humtata zu beschallen.

Ich fahre als erster aus der Schleuse, gleich kommt Prahovo, die letzte Grenzstation in Serbien, dort muss ich ausklarieren. Ich verhefte hinter einem ausrangierten Frachtschiff, ein älterer Herr hilft mir dabei. Ich klopfe an die Tür der Grenzstation, eine bezaubernde junge Polizistin öffnet und strahlt mich an. Ich strahle zurück, leider keine Kommunikation möglich, meine Serbischkenntnisse sind immer noch sehr eingeschränkt. Viel Arbeit für sie, mein Ausklarieren - unzählige Formulare sind auszufüllen, abzustempeln, abzuheften. Für mich ist diesmal nix zu tun, außer 4x zu unterschreiben. Wir verabschieden uns, der ätere Herr hilft mir beim Losmachen, ein paar Kilometer weiter wechsle ich (ein bisserl widerwillig) die serbische gegen die bulgarische Gastlandflagge. Serbien war für mich ein Lehrstück in Freundlichkeit und Gastfreundschaft. Ich hoffe dass ich viel vom Umgang miteinander dauerhaft von den Serben erlernt habe und empfehle jedem auch 1x so ein Freundlichkeitsseminar.


Die Umgebung wird wieder sehr flach. Auf beiden Seiten der Donau sind immer wieder Strandbäder, von denen auf der rumänischen Seite hört man immer eine Art volkstümlichen Techno, oder so, laut und eintönig, wer's mag... Tiere am Ufer, am Anfang der Reise noch bewundert, werden zum Standard. Sind ja auch nicht blöd, die Schafe, Pferde und Kühe, bei der Hitz würd ich auch den ganzen Tag die Füße in die Donau halten. Bulgarien und Rumänien bauen eine 2. Donaubrücke. Kurz vor Widin wird intensiv und imposant gebaut. Derzeit verbindet nur die Brücke der Freundschaft Russe mit Giurgiu. Nur eine Brücke auf 472 Kilometern bulgarischem Donauufer.


Bei der Ankunft in Widin verhefte ich am Polizeiponton. Ein Grenzer pfeift mir, und ruft mir zu, mit meinem Pass und anderen Papieren zu ihm zu kommen. Er fragt mich, ob ich lieber auf Deutsch oder Englisch sprechen mag. Sein erster Satz, nach meiner Antwort "Deutsch", ist: "Sie sind in Bulgarien, wenn sie hier bleiben wollen müssen Sie ein Buch schreiben!" Ich grinse ihn an, er gibt mir das "Buch", ein ziemlich dickes Heft, das ich ausfüllen soll. Die Dicke ergibt sich durch die unzähligen Durchschläge - nur auf der ersten Seite muss ich wieder Angaben zu meiner Person und zum Boot machen. Zum Zoll muss ich auch noch, die Zöllnerin klärt mich auf, dass ich dieses Buch bei jeder Ausreise aus Bulgarien bei einer Zollstation vorweisen und abstempeln lassen muss - schade, ja, ich bin zwar wieder in der EU, aber nicht im Schengen-Raum, die Grenze zwischen Bulgarien und Rumänien ist wirklich noch eine Grenze. Sie klärt mich auch auf, dass ich ein Jahr bleiben darf, und in diesem Jahr an jedem Polizeiponton Bulgariens verheften darf. Sie spricht ausgezeichnet Englisch und ich frage sie nach einem Tipp für ein Hotel. Gleich ums Eck sei ein gutes, dort geh ich hin, es ist das Hotel Dunav (welches sonst?) - perfekt. Noch einen gebratenen Wels und Wein und Wasser in einem schwimmenden Restaurant und ein bisserl im Park neben der Donau flanieren - ich schwebe! Als Fremdsprachennackerpatzl freut mich, dass ich wenigstens die kyrillischen Buchstaben schon halbwegs intus habe. Buchstabenaneinanderreihungen wie Солети und Шардоне ergeben plötzlich Sinn.

Donnerstag, 7. Juli 2011

Stromkilometer 884 RU Brza Palanka (Брза Паланка)

Mein Plan war, gestern in Bulgarien zu sein - naja. Früh aufgestanden, Frühstück um 06:30 mit Familie Rajčić, es gibt türkischen Kaffee, Zigaretten und Fernsehen mit Bildern von fürchterlichen Autounfällen. Ein traumhaftes Tagerl kündigt sich an, strahlender Blauhimmel, nur die Bäume wackeln ein bisserl – Koschowa? Das Benzin bunkern wird per Taxi erledigt, draußen auf der Donau merke ich, dass das ein eher ungemütlicher Tag werden könnte – viele Schaumkrönchen am Wasser, der Wind kommt von oben – gut, man hoppelt über die Wellen, bleibt aber halbwegs trocken.


Da die Donau eine Richtungsänderung macht, und der Wind vermehrt von der Seite kommt ziehe ich das Regeng'wand an. Nach der Biegung wird’s resch. Keine Schaumkrönchen mehr, sondern 1 - 1 1/2 Meter hohe Wogen, die steil und schnell hintereinander über mich hereinbrechen. Dafür ist die Luzilla nicht gebaut! Schnell füllt sie sich mit Wasser, schneller als die Bilgepumpen pumpen können, und auch der vordere Stauraum füllt sich. Da sind leichtere Dinge verstaut, die, um trocken zu bleiben, in Plastikwannen aufbewahrt sind. Diese Plastikwannen schwimmen jetzt auf und drücken den Deckel des Stauraums auf, was die Situation nicht verbessert. Schnell ans Ufer, das rumänische ist näher, ich lege dort illegal an, ich glaube, in Seenot darf man das. Das Ufer ist flach und steinig, passt, ich binde die Luzilla an einem Stein an, setze mich auf diesen und mache einen intensiven, nikotinhaltigen Durchschnaufer. Hier am Ufer ist das Wasser ruhig, ich räume alles aus.

Nachdem alles ausgeschöpft/-pumpt, trockengelegt und wieder verstaut ist, setze ich die Fahrt fort. Ich bleibe nah am Ufer und tuckere mit 10 km/h dahin – das geht. Weitere Versuche weiter draußen und schneller zu fahren gebe ich schnell auf, die Donau mag uns heute nicht. Eigentlich könnte ich die 10 km/h auch spritsparend mit meinem kleinen Hilfsmotor bewältigen – gute Idee, auf der Höhe eines Sandstrandes, an dem ich schön anlegen kann versuche ich den Motorwechsel – der kleine Motor springt nicht an! Super Notfallmotor! Während meinen Versuchen wurde ich an den Sandstrand getrieben. Was ich übersehen habe ist der Unterwasserdschungel vor dem Sandstrand. Super Situation: starker Wind, der die Luzilla, nachdem ich sie rausgetaucht habe und in Betrieb nehmen mag sehr schnell wieder ans Ufer treibt, und Wasserpflanzen, die den Motor binnen Sekunden zum Stillstand bringen. Ich brauche einige Zeit, um die Luzilla mittels Ruder soweit in den Strom zu bringen, dass sich der Motor unter Vollgas zur Mithilfe bewegen lässt – draußen im Strom befreie ich ihn bei heftigen Wellen von den ganzen Wasserpflanzen – das ist wirklich mein Tag heute.

Die Fahrt nah am Ufer wird streckenweise auch sehr ungut und gischtig – ich hab genug und fahre in die geschützte Bucht von Brza Palanka. Wurscht, und wenn es dort nix zu essen und keinen Schlafplatz gibt, weiter fahr ich heute sicher nimmer. Ich finde einen passablen Platz zum Verheften, es gibt einen Campingplatz mit Restaurant, das hat sogar ein paar Zimmer und eins für mich. Brza Palanka – das Paradies. Der kleine Motor springt auch auf Anhieb an, nachdem ich ein bisserl beim Zündkerzenschuh herumgefudelt habe.


Neben dem Restaurant baut gerade jemand ein neues Boot; schaut seltsam aus, mit seinem weit nach oben zeigenden Bug – ich weiß jetzt, warum man hier so baut.


Und da sitz ich seit gestern und weiß nicht recht, wie weiter? Einen ziemlichen Muskelkater von der gestrigen Ruderei hab ich; der Wind bläst unvermindert, der Kellner meint, das geht jetzt seit 10 Tagen so – was tun? Hier eine Arbeit suchen? Als Außenbordmotorspezialist? Wildwasserfahrten auf der Donau anbieten? Abwarten und Bier trinken? Werma schaun.

Dienstag, 5. Juli 2011

Stromkilometer 934 RU Kladovo (Кладово)

Früh aufgebrochen um mir Zeit zu lassen für diese Strecke, außerdem wartet noch die größte Schleuse der Donau auf mich.


Wetter passt, die Fahrt durchs Eiserne Tor ist eigentlich eine Fahrt durch 4 Flussengen, nur die letzte heißt Eisernes Tor, alle 4 sind sehr beeindruckend. ca. 150m schmal und die Donau ist hier bis zu 80m tief.


Dazwischen hat der Fluss mehr Platz um wieder Seen zu bilden. Beschreiben kann ich das ganz schlecht, selber fahren zahlt sich aus!


Ich fahre an meinem 1. dreistelligen Stromkilometer und König Decebal vorbei.


Ziemlich genau bei der Trajan-Tafel habe ich die Hälfte (eigentlich ein Viertel, oder noch weniger, bergauf ist's ja "weiter" als bergab) meines Weges absolviert. Ab jetzt ist das Schwarze Meer näher als die Krandaubel in Wien. Am See von Orsova spüre ich zum 1. mal den gefürchteten Wind Koschowa. Nix mehr mit gemütlich dahingleiten - ich verhefte an einem Anleger für die Großschifffahrt in Tekija und zieh mein Regeng'wand an. Schon bei der Zufahrt zur Schleuse ist's aber eh wieder vorbei mit dem Wellenspuk. Für diese Schleuse habe ich keine Telefonnummer und ich weiß auch nicht, welche Seite in Betrieb sein wird (Rumänen und Serben wechseln sich wochenweise ab). Bei der Zufahrt ist mir zumindest klar, auf welcher Seite ich zu schleusen probieren werde, ca. ein Dutzend Frachtschiffe und Schubverbände stehen auf der rechten Seite und warten. Ich fahre zu einem ukrainischen Frachter und frage, ob die serbische Schleuse in Betrieb sei, ein Besatzungsmitglied meint: prinzipiell ja, aber heute tut sich da sicher nix mehr... Ich fahre an den Frachtern vorbei und finde, neben der Schleiseneinfahrt, einen geschützten Bereich und eine Leiter, an der ich verhefte.


Ein Bediensteter der Schleuse kommt den weiten Weg zu mir, um mir mitzuteilen, dass ich hier richtig bin, das Boot nicht verlassen und warten soll. Auf meine Frage, wie lange ich ca. warten soll (eine Stunde, einen Tag?) bekomme ich die freundliche Antwort: warten, alles andere wird sich weisen. Warteplätze vor Schleusen haben alle eine Eigenschaft: sie sind der Sonne ausgesetzt und heute hat es gefühlte 40°. Das (dunkle) Regengwand ist jetzt nicht so optimal, ich zieh es schnell aus, Wasserdichtheit hat den Nachteil, dass sie auch in die andere Richtung wirkt, ich häng es verkehrt zum trocknen auf, und warte. Nach 1/2 Stunde kommt ein anderer Schleusenbediensteter, meint, dass jetzt ein Schiff in die Schleuse einfährt und dass ich warten soll. Ich sehe über der Vorhafenmauer einen riesigen bulgarischen Schubverband in die Schleuse einfahren, der in keine österreichische Schleuse passen würde, und mache mich zur Abfahrt bereit. Der Schleusenbedienstete kommt wieder und sagt, dass noch ein Schiff in die Schleuse einfährt, und dass ich... Ein Frachter der ein anderes Frachtschiff seitlich mitschleppt fährt ein, der Mitarbeiter kommt und sagt, dass jetzt noch ein Schiff... Ein weiterer Frachter fährt ein, und hinter dem darf ich jetzt auch in die Schleuse. Es geht 16m runter, alle Schiffe fahren ein Stück weiter und verheften an den gleichen Plätzen in der 2. Kammer, noch 1x 16m – fertig.


Weit fahr ich heute nimmer, Kladovo am rechten Ufer ist bald erreicht, es liegt gegenüber von Drubeta-Turnu Severin, hat einen netten Hafen und nette Einwohner, die mir auf meiner Herbergssuche behilflich sind ("Hotel nema gut!").


Schnell bin ich in ein Taxi verfrachtet und zur Familie Rajčić, einem älteren Ehepaar verbracht, die mir Kaffee kredenzen und in ihrem Wohnzimmer unterbringen. Der Hausherr zeigt mir noch ein Restaurant in der Nähe – meine Frage an den Kellner nach Fisch wird mit einem "ja schon, aber der Fisch..., naja, empfehlen würde er den nicht... aber Mixed Grill, da sind wir gut, viele Menschen kommen von weit her wegen dem Mixed Grill, der beste Mixed Grill von Serbien, den Mixed Grill, ja, den kann er empfehlen." Na gut, Mixed Grill, ein riesiger Haufen Fleisch mit Pommes, wirklich sehr gut, die gegrillten Pfefferoni sind ein Traum.

Montag, 4. Juli 2011

Stromkilometer 1041 RU Golubac (Голубац)

Ein super Bootfahrtagerl erwischt gestern. Man spürt dass die Save der größte Zubringer der Donau ist - nach Belgrad ist die Donau noch breiter und öffnet sich immer wieder zu kilometerbreiten "Seen" mit vielen Inseln im Strom. Zum 1. mal hab ich kleine Probleme mich zu orientieren, so oft teilt sich der Fluss und bietet verschiedene Weiterfahrmöglichkeiten.


Ein Traum, unter cummulusbeflocktem Blauhimmel über die spiegelglatte Donau zu gleiten. Vorbei an Smederevo (kurze Zeit Hauptstadt Serbiens) mit seiner imposanten Befestigungsanlage.


Vorbei an Ram und der Nera-Mündung. Seit Belgrad wird die Landschaft immer hügeliger. Am Horizont sind auch höhere Berge zu sehen, die Karpaten?


Ab der Nera ist das linke Flussufer rumänisches Staatsgebiet, ich darf dort nicht anlegen, bis ich aus Serbien aus- und wieder in die EU einklariert habe. Ich darf aber mein Mobiltelefon in ein ein rumänisches Netz einbuchen, wodurch es wieder benutzbar wird.


Sehr beeindruckend ist der letzte Stausee. Am südlichen Ufer ist die kleine Stadt Golubac zu sehen, ein bisserl weiter östlich die Ruine der gleichnamigen Festung, in der Mitte eine große Insel und beim südöstlichen Ausgang die erste Stromenge des eisernen Tores. Die Donau, die sich die letzten 1000 Kilometer relativ frei ausbreiten konnte muss sich ab hier auf einer Strecke von 110 Kilometer durch enge Schluchten zwängen.

Ich verhefte die Luzilla im kleinen, verkrauteten Hafen von Golubac, frage an der Tankstelle daneben, ob das OK ist und ernte freundliche Verwunderung: natürlich, für das wäre er ja da, der Hafen. Hafen, Tankstelle, Supermarkt, Cafe, Restaurant und Mietappartments (mit einem Appartement mit Balkon für mich), alles gleich beinand - super!


Golubac ist ein netter, verschlafener Ort in wunderbarer Lage am Stausee mit Blick auf die Festung. Die tägliche Fischsuppenration kommt in ausgezeichneter Qualität mit frischem, heißem Fladenbrot daher, Zander, Weißwein, Slibo, Kaffee, einschlafen zu Froschgequake.


Heut früh schaut alles ein bisserl anders aus, die Wolkendecke mit ihren dunkelgrauen Stellen hat mich wieder eingeholt. Windig ists auch, gut für die Segler am Stausee, suboptimal für mich - naja, man muss ja nicht gleich weiterfahren...